Vortragsreihe „Klimakrise und Migration“ (in Kooperation mit der vhs)

Für den Menschen ist die Bewegung im Raum keine Ausnahmesituation, sondern eine geschichtliche Konstante. Allerdings wurden Wanderungsbewegungen vielleicht noch nie so stark reflektiert und problematisiert, kontrolliert, verhindert oder begünstigt wie seit der Entstehung der Nationalstaaten im 19. Jahrhundert. Die politische, rechtliche, ethische und nicht zuletzt ästhetische Auseinandersetzung mit Phänomenen von freiwilliger wie von erzwungener Migration steht nun infolge der Klimakrise und angesichts zahlloser Menschen, die ihre Herkunftsorte vorübergehend oder dauerhaft verlassen (müssen), vor ganz neuen Herausforderungen.

In Zusammenarbeit mit dem SQ-Zentrum und dem Green Office sowie der Stabsstelle Nachhaltigkeit beleuchtet die Vortragsreihe das Zusammenspiel von Klimakrise und Migration aus interdisziplinärer Perspektive.

Vortragende Titel Termin
Prof. Dr. Daniel Thym

„Klimaflüchtlinge“ auf dem Weg nach Europa: Schutzoptionen, Grenzen und Alternativen

03. November 2022

18.45 – 20.15 Uhr

Universität Konstanz
A703 (hybrid)
Dr. med. Carolina Wolf Auswirkungen der Klimakrise auf unsere Gesundheit

21. November 2022

19.30 – 21 Uhr

 vhs Konstanz
Prof. Dr. Gabriele Spilker Klimawandel, Migration und Konflikt

01. Dezember 2022

18:45 – 20.15

Universität Konstanz
A703 (hybrid)
Prof. Dr. Timo Müller Klimawandel und Migration in der Literatur

15. Dezember 2022

18:45 – 20:15 Uhr

Universität Konstanz
A703 (hybrid)

Abstracts:

„Klimaflüchtlinge“ auf dem Weg nach Europa: Schutzoptionen, Grenzen und Alternativen

Im öffentlichen Diskurs wird meist pauschal von „Klimaflüchtlingen“ gesprochen. Der Begriff legt nahe, dass eine klimabedingte Migration ähnlich ablaufe wie Fluchtbewegungen und das Asylrecht eine adäquate Antwort biete. Es spricht jedoch viel dafür, dass diese verbreitete Diskussion nur einen Ausschnitt des tatsächlichen Problems erfasst. Der Klimawandel verstärkt die Migration, wirkt jedoch häufig indirekt und langfristig. Die Instrumente des Flüchtlingsrechts passen daher nur in Sonderfällen auf diese spezifische Situation. Stattdessen sollte die Debatte alternative Reaktionsmöglichkeiten auf die klimabedingte Migration ins Zentrum rücken, mit Blick auf die Überschneidung von (freiwilliger) Wirtschaftsmigration und (erzwungener) Fluchtmigration.

Daniel Thym ist Professor für Öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht an der Universität Konstanz und Direktor des Forschungszentrums Ausländer- & Asylrecht (FZAA). Er ist Sprecher des Standorts Konstanz des bundesweiten „Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ (FGZ) und stellvertretender Vorsitzender des Sachverständigenrats für Integration und Migration.

Auswirkungen der Klimakrise auf unsere Gesundheit

Die bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit werden sich in Zukunft verstärken. Unter einem „Business as usual“-Szenario wird die Durchschnittstemperatur in Deutschland laut Prognosen um 1,0 bis 1,3 °C bis 2050 und um 3,7 °C bis 2100 ansteigen, verglichen mit dem Zeitraum 1971–2000.

Die gesundheitlichen Folgen sind immens. So machen uns nicht nur die direkten Folgen von Hitze zu schaffen, sondern es ist mit einer Zunahme von Infektionskrankheiten, vermehrter Wasser- und Nahrungsmittelunsicherheit und häufigeren Atemwegs- sowie Herz-Kreislauferkrankungen zu rechnen. Auch unsere psychische Gesundheit wird von veränderten Temperaturen beeinflusst.

Im Vortrag wollen wir verschiedene gesundheitliche Folgen der Klimakrise darstellen.

Als Gesundheitsexperten wollen wir aber auch darauf eingehen, welche Änderungen unseres Lebensstils Beiträge zum Klimaschutz leisten und gleichzeitig unsere persönliche Gesundheit verbessern können.

Die Referentin ist in Gesundheitsberuf tätig und engagiert sich im Rahmen der Allianz Klimawandel und Gesundheit in der lokalen Gruppe Health for Future Bodensee.

Klimawandel, Migration und Konflikt

Auch wenn die Folgen des Klimawandels in Deutschland und anderen Ländern des Globalen Nordens in den letzten Jahren mehr und mehr zu spüren waren, sind viele Länder im Globalen Süden noch deutlich stärker von Klimawandelfolgeerscheinungen, wie Dürren, tropischen Stürmen oder dem Anstieg des Meeresspiegels, betroffen. Eine soziale Konsequenz dieser Umweltveränderungen ist, dass viele Menschen ihre Herkunftsorte verlassen müssen und häufig in den nächstgelegenen Städten einen neuen Wohnort suchen. In diesem Vortrag geht Prof. Spilker der Frage nach, was die Folgen dieser Form der internen Migration sind: Wie werden KlimamigrantInnen von den Menschen, die schon in den neuen Heimatorten leben, wahr- und aufgenommen? Kann es durch diese Form der Migration zu Protesten oder gar Konflikten kommen und was bedeutet das für die Menschen vor Ort?

Gabriele Spilker ist Professorin für "Internationale Politik – Globale Ungleichheit" am Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft an der Universität Konstanz. Sie ist Mitglied des Exzellenzclusters "The Politics of Inequality" und Leiterin des Clusterprojekts "Climate Inequalities in the Global South: from Perceptions to Protest".

Klimawandel und Migration in der Literatur

Schon im antiken Epos gehören Flucht und Migration zu den bestimmenden Themen der Literatur. Dass Migration von Veränderungen des Klimas ausgelöst werden kann, scheint in der Literatur ebenfalls frühzeitig auf. In diesem Sinne ist die Klimawandelliteratur –  international oft als "climate fiction" oder "cli fi" bezeichnet –  älter als die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Klimawandel selbst. Der Vortrag stellt sowohl kanonische als auch neuere Werke vor, die sich mit dem Zusammenhang von Klimawandel und Migration befassen. Er fragt nach den Ästhetiken und Erzählformen, die diese Werke herausbilden, und geht auf die Rolle von Gattungen wie Lyrik und Science Fiction ein.

Timo Müller ist Professor für „American Studies“ an der Universität Konstanz. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der environmental humanities. Im Jahr 2022 erhielt er einen ERC Consolidator Grant, um ein mehrjähriges Forschungsprojekt zum Thema " Off the Road: The Environmental Aesthetics of Early Automobility" durchzuführen.